Spezialisierung? Schon, aber …

Zeit für ein Geständnis: Ich bin keine gute Fotografin. Die Liste dessen, was ich nicht oder nur durchschnittlich kann, ist lang. Das erkläre ich durchaus selbstbewusst, denn ich habe nicht den Anspruch an Universalität oder gar an Genialität. Ich glaube noch nicht einmal daran, dass es einen Fotografen auf dieser Welt gibt, der das für sich in Anspruch nehmen kann. Man kann schlicht nicht alles gleich gut können. Wer das behauptet, wer von Hochzeiten bis Makro alles „schießt“, tut nicht mehr als das: Fotos schießen. Ich will’s an ein paar Beispielen verdeutlichen:

  • Kein noch so talentierter Autorennfahrer wird im Tourenwagen so erfolgreich sein wie in einem Formel 1-Wagen und vice versa.
  • Der Schreiner, der perfekte Möbel baut, hat nicht zwangsläufig auch die Begabung, Kunstwerke zu kreieren (und wiederum vice versa).
  • Ein kluger Gärtner spezialisiert sich auf Gemüseanbau oder darauf, blühende Landschaftsgärten anzulegen und zu pflegen – aus guten Gründen.
  • Journalisten mögen hervorragende Rechercheure und Texter sein, dass sich Bestseller-Romanautoren in ihnen verbergen, ist eher selten.

Ich war jahrzehntelang ambitionierte bis sehr gute Outdoorsportlerin und behaupte, in der Natur zu Hause zu sein. Gern allein, autark und tagelang. Fast zwangsläufig begann ich damit, in Wäldern meine Motive zu suchen. Irgendwann habe ich mich schließlich entschieden, die Naturfotografie zu einem meiner drei Berufe zu machen – im Wortsinne, also aus einer inneren Berufung heraus. Ich will die Betrachter meiner Bilder dazu anzuregen, genauer hinzusehen, wenn sie draußen sind, die Natur zu erkunden, zu erforschen, zu erleben. Gern und vor allem bei schlechtem Wetter (das es bekanntlich nicht gibt).

Schneesturm? Rein in warme Klamotten und ab ins Freie!

Wenn ich gefragt werde, ob ich dies oder jenes fotografieren kann, überlege ich, ob ich das Gewünschte wirklich adäquat umsetzen kann. Ich habe schon eine Taufe bildlich festgehalten, was mir großen Spaß gemacht und objektiv recht ordentliche Ergebnisse gebracht hat. Dafür ein Honorar zu nehmen, wäre mir nicht im Traum eingefallen, denn erstens waren die Eltern Freunde von mir und zweitens ist es nicht mein Job, Veranstaltungen zu fotografieren. Dafür gibt es viele tolle Spezialisten, die ihr Geld wert sind garantieren, dass die Bilder gut werden und dem unwiederbringlichen Anlass gerecht werden. (Technisch versierte und kreative Hochzeitsfotografen berechnen für einen Tag nicht unter 2.000 Euro. Das nur als Maßstab, falls Sie gerade auf der Suche sind.)

Ich mag Details – auch bei dieser 2017 privat fotografierten Taufe.

Doch auch ich „verirre“ mich gelegentlich in Genres, die nichts mit Bäumen und Wald zu tun haben, sondern mit Menschen. Manchmal macht es mir einfach Spaß, zu beobachten, wenn jemand etwas tut. Eine Geigenbauerin, ein Automechaniker, ein Musiker, eine Bäckerin … Auch da bleibe ich aber meinem Stil treu und fokussiere auf Details. Das große Ganze nehmen wir ohnehin wahr, warum soll ich das auch noch fotografieren? Dass mein vorrangig genutztes Objektiv ein großes Tele ist, sollte bereits klar geworden sein.

An Bord einer 100-jährigen Yacht bei einer Regatta 2018 am Starnberger See.

Ich brauche die Freiheit, meine Art der Fotografie umzusetzen, wenn ich Aufträge übernehme. Dazu gehört auch die künstlerische oder handwerkliche Freiheit, nicht im Vorfeld 100 oder mehr Bilder zu garantieren, sondern möglicherweise nur zehn zu liefern, die dann allerdings meinen Ansprüchen genügen. (Andere gebe ich ohnehin nicht heraus.) Um Geld geht es mir ohnehin nicht, zumindest nicht in erster Linie. Dann nämlich gäbe es lukrativere Nischen als die Naturfotografie.

„Menschen bei der Arbeit“ hieß ein Projekt, das ich 2016 umgesetzt habe.

Wir alle träumen von dem Motiv, dem Projekt, dem Auftrag. (Mein ehrlich empfundener Glückwunsch all jenen, die das alles bereits erreicht haben!) Bei mir ist es die Kombination aus Bild und Text, die man Fotoreportagen nennen könnte. Doch Reportagen gehen mir oft nicht weit genug in die Tiefe. Also Bücher. Schreibend bin ich ja seit Jahrzehnten aktiv, warum also nicht? Mein erstes Fotobuch ist ja schon zu haben …


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