Warum ich kein Instagram-Typ bin

Ich hab’s probiert. Wirklich! Über mehrere Jahre hinweg und mit mehreren verschiedenen Accounts. Ich habe meine sportlichen Abenteuer und Reisen für Sponsoren dokumentiert, Tierbilder gepostet, eine spezielle fotografische Nische (s/w-Infrarot) bedient, Details aus besonderen Blickwinkeln gezeigt und sogar für einen Kunden dessen Instagram- (und Facebook-) Account aufgebaut und betrieben.

Es gab einmal eine Zeit, da las ich jeden Tipp, der im Internet von Dutzenden (damals definitiv nur selbsternannten) Profis kursierte. Studien und Zahlen, Regeln und do/don’t – ich kannte sie alle. Dass Instagram wie jedes soziale Medium viel Aufwand bedeutet, war und ist mir klar. Meine Instagram-„Karriere“ war durchaus von Erfolg gekrönt; mein Kunde war äußerst zufrieden (Mein Nachfolger sorgte dann dafür, dass der Account zur Gewinnspielhölle abstieg.) und auch meine Sponsoren hatten Grund zur Freude. Alles richtig gemacht.

Eigentlich weiß ich also, wie Instagram funktioniert. Und doch …

Ich hasse Instagram!

Hoppla! Hass ist ein großes Wort im Zusammenhang mit einer Online-Plattform für Bildchen. Stimmt. Hass und ich, das passt ganz generell nicht gut zusammen. Und doch habe ich es geschrieben. Warum?

Hass ist ein Gefühl. Gefühle resultieren aus Emotionen. Emotionen entstehen spontan und ohne unser Zutun, haben aber Gründe und Ursachen. Woher also stammt die negative Emotion Instagram gegenüber, die irgendwann in Ablehnung und Verweigerung mündete?

Ich habe lang darüber nachgedacht und bereits vor einigen Monaten niedergeschrieben, was ich zu Instagram denke. (Nicht fühle, denke!)

Instagram ist ein Scroll-Medium. Maximal eine Sekunde betrachtet man ein Foto, dann doppelklickt man darauf, um es zu liken, oder vergisst es. Meist beides. Der Gedanke des „Herzchens“ war ursprünglich, dass man Fotos favorisiert, um sie sich zu merken, also immer wieder betrachten zu können. Wer tut das? Ich wage eine Wette: Niemand, der diese Zeilen liest, kennt jemanden, der es tut.

Ich hingegen beschäftige mich intensiv mit Bildern. Nehme mir Zeit für sie, analysiere, hinterfrage, kritisiere, lerne, lasse mich begeistern und inspirieren. Und ich schätze es, wenn die Betrachter meiner Bilder das tun und womöglich mehr als nur „geiles pic!“ kommentieren, sondern Fragen stellen oder ein Detail aufgreifen. Kann man das erwarten? Nein. Sicher nicht. Aber es wäre ein Lohn für die durchaus harte Arbeit, die wir Fotografen investieren. Geld allein lässt uns nicht bei Wind und Wetter losziehen, auf der Suche nach diesem einen Bild!

Präsentation ist ein existenzieller Teil der Fotografie. Für mich ist das erklärte Ziel, meine Bilder an Wände zu hängen oder in Bücher oder Magazine drucken zu lassen. Ihnen also ein Leben nach dem Drüberscrollen ermöglichen. Nur das große Format, nur die Möglichkeit, ein Bild aus verschiedenen Perspektiven zu verschiedenen Zeiten immer wieder neu zu entdecken, lehrt uns, Bilder zu verstehen. Das war bei Malern vergangener Epochen so, das ist bei heutigen Fotografen nicht anders. Nur so können wir unsere eigenen Arbeiten verstehen, im Detail beurteilen und wertschätzen lernen.

Instagram ist allein aufgrund der viel zu geringen Größe und Auflösung nicht das Medium, das diese Wünsche zu erfüllen in der Lage ist. Das ist auch nicht sein Zweck und sein Ziel. Und deshalb investiere ich auch keine Zeit in Instagram.

Zurück im Heute. Ein paar Ergänzungen zu meinen Gedanken aus dem Frühjahr habe ich noch:

Der letzte Punkt auf der Liste derer, die mir Instagram immer wieder schmackhaft machen wollen, ist die Inspiration, die sie durch dieses Medium erfahren. Ja, da ist jede Menge Tolles zu entdecken! Streetphotography finde ich beispielsweise sehr interessant, vor allem von New Yorker Fotografen. Auch Schwarzweißbilder vermögen mich zu faszinieren. Doch was bringt mir das für meine eigene Arbeit? Hin und wieder zur Zerstreuung durchscrollen – okay. Aber damit tue ich nichts anderes als das, was ich oben kritisiert habe: Ich konsumiere Medien-Fast Food, scrolle und wische, doppelklicke und vergesse.

Fakes und Handyshots

Und in meinem eigenen Bereich? Es gibt doch jede Menge Hashtags mit #woodlands #forest #trees #nature und so weiter?! Was ich da zu sehen bekomme, entspricht allerdings nicht meinem Anspruch und schon gar nicht passt es in die Kategorie, in der es steckt. Nur weil etwas grün ist, bezeichne ich es nicht als #realnature. Aber dass Hashtags wild und frei und in Massen vergeben werden, ist ja bekannt. Eine Begrenzung seitens Instagram würde sicher helfen, aber ist das gewollt? Außerdem habe ich viele Instagrammer als Sniper identifiziert, etwas, das ich … – ach, wissen Sie was, dazu schreibe ich ein andermal etwas. Das ist ein ganz eigenes Thema.

Vielleicht stecke ich in einer zu engen Nische fest, um auf Instagram Neues und Besonderes sowie für mich Wertvolles zu entdecken, zumindest nichts, das ich nicht andernorts in besserer Bildqualität genießen kann. In der Regel sind das Blogs und Webseiten sowie Youtube, wo sich einige von mir sehr geschätzte Fotografen aufhalten und hervorragenden und hochwertigen Content anbieten, der mich wirklich weiterbringt. Und ich sorge mit einem kleinen Beitrag dafür, dass diese Fotografen wenigstens ein bisschen Geld für die Mühe bekommen, die sie sich machen. Bei Instagram verdient nur einer: Marc Zuckerberg.


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