Photoshop war gestern. Luminar Neo ist meine Nummer 1!

Viele Jahre war Adobe Photoshop meine erste Wahl im Hinblick auf Bildbearbeitung. Es gab schlicht keine Alternative. Mit Lightroom*, dem Tool, mit dem nahezu alle Fotografen arbeiten, konnte ich mich nie anfreunden, warum auch immer. Vielleicht war ich einfach eine derjenigen, die gern manuell arbeiten, Presets prinzipiell ignorieren (womöglich sogar verachten) und jeden einzelnen Regler bewusst selbst bedienen. Ja, das ist anspruchsvoll und aufwendig, aber meine Bilder sind keine, die zwischendurch entstehen, eine entsprechend sorgfältige Behandlung verdienen sie. Ohne Abwedeln und Nachbelichten ist kein Foto mich, die analoge Fotografie und Laborentwicklung gelernt hat, als fertig zu bezeichnen.

*Zu Lightroom eine (nachträglich hinzugefügte) Konkretisierung: Eigentlich handelt es sich dabei um einen Katalog, also um eine Bilderverwaltung mit angeschlossener Bildbearbeitung, die von Photoshop bereitgestellt wird. Lightroom mochte ich deshalb nicht, weil ich mit dieser speziellen Bilderverwaltung nicht zurechtkam. Ich hatte diesbezüglich viele Diskussionen mit anderen Fotografen, die mich eindringlich von den Vorteilen dieses Katalogsystems zu überzeugen versuchten – erfolglos. Wahrscheinlich bin ich einfach zu undiszipliniert dafür. Ich denke aber, ich habe einfach zu wenig Bilder im Vergleich zu insbesondere Hochzeitsfotografen.

Erkenntnis: Automatismen sind nicht grundsätzlich zu verteufeln

2016 kam Luminar auf den Markt. Ich erwarb eine Lizenz und installierte das Tool als Erweiterung in Photoshop. Wie bisher entwickelte und schärfte ich das RAW und übergab es dann an Luminar. Das funktionierte nahtlos, was mir gefiel. Extraschritte fallen bei Berufsfotografen durchaus ins Gewicht; der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen. In Luminar erfolgte dann die Bearbeitung des Bildes nach Gefühl. Dabei stelle ich mir grundsätzliche Fragen:

  • Wie sah es vor Ort aus?
  • Wie war die Stimmung?
  • Welche Geschichte will ich erzählen?
  • Was möchte ich im Betrachter auslösen?
  • Wofür werde ich das Bild verwenden?

Der Prozess nahm je Foto zehn Minuten bis zu einer Stunde in Anspruch. Dann begann ich mit dem AI-Regler zu spielen. Was genau da passierte, fand ich nie heraus, aber es war beeindruckend. Nicht bei jedem Motiv tauglich, aber bei den meisten. Da wurden nicht nur die Tiefen aufgehellt und die Höhen abgedunkelt, da wurde mehr verändert. Das Bild begann zu leuchten, wurde aber nicht heller. Es wirkte dreidimensionaler, also etwas, das man mittels dodge & burn erreichen will. Nicht ganz der Effekt, den ich manuell durch punktuelles Aufhellen und Abdunkeln erreiche, aber es ging in die Richtung. Gefiel mir! An dieser Stelle begann ich in den folgenden Jahren meine Bearbeitung und arbeitete mich dann nach unten durch. Auch die Detail- und Schärfenregelung wurde immer besser, sodass ich auch das in Photoshop ausließ und in Luminar vornahm.

Meine Themen: Bildrauschen und Sensorflecken.

Die Entwicklung von Luminar ging flott weiter. Die vierte Version war ein echter Durchbruch in vielen Aspekten. Jetzt konnte man umfangreiche Kontrastanpassungen vornehmen lassen, Himmel ersetzen, Nebel erschaffen und Sonnenstrahlen einsetzen, und so Bilderstimmungen von moody bis fröhlich umfassend verändern. Man konnte einfach mit Presets arbeiten, konnte die AI werkeln lassen oder manuell pinseln, maskieren und regeln. Und das in verschiedenen Ebenen! Das alles funktionierte sensationell gut, auch wenn ich es weniger nutzte. Ich probierte es natürlich aus und spielte für Instagram damit. Aber für meine professionellen Bilder setze ich diese Manipulationen bis heute nicht ein. Ich bin nun einmal Puristin …

Und dann kam er, der Tag, an dem ich in Photoshop nur noch die grundlegenden Helligkeitswerte setzte, den Weißabgleich vornahm und mittels Histogramm die Schwarz- und Weißpunkte bestimmte. Alles andere übernahm Luminar, das in rasantem Tempo ständig weiterentwickelt wurde. (Übrigens damals noch in der Ukraine, dort nämlich liegt der Geburtsort von Skylum.) Wann immer ich etwas Kritikwürdiges fand, wurde es in der nächsten Version verbessert. Meine für einen stolzen Preis angeschaffte Software zur Eliminierung von Bildrauschen, Topaz DeNoise AI, war für mich, die fast nur in dunklen Wäldern fotografiert, unverzichtbar. Konkurrenz gab es keine – bis Luminar AI 2020 erschien. Diese Neuentwicklung war auch in diesem für mich relevanten Aspekt so perfekt, dass ich die gesamte Bearbeitung damit vornehmen hätte und alle anderen Programme vergessen können. Wäre da nicht …

Sie kennen Sensorflecken? Vögel, die als Punkte am Himmel zu erkennen sind? Hochspannungsleitungen? Diesen einen Ast, der sich vorwitzig in den Vordergrund drängt? In Photoshop ist es eine Sache von Sekunden und Störendes ist verschwunden. Magisch. Ich liebte diese Funktion und ich nutzte sie häufig. Nicht zur Manipulation, wie es viele Bildbearbeiter tun, sondern zur Fehlerbehebung. Ich bin keine Fotokünstlerin, ich dokumentiere Natur. Da sind Unzulänglichkeiten normal, oft sogar notwendiger Teil des Ganzen. Aber Flecken auf ansonsten reinen Flächen? Niemals!

An diesem Punkt war Luminar keine Alternative zu Photoshop. Dieses Programm machte, was es wollte. Aus kleineren Fehlern wurden große. Ja, es gab aus dem Hause Skylum ein Tool (Den Namen habe ich vergessen. Hieß es Snapheel oder ähnlich?), das sich ausschließlich mit diesem Thema befasste, und es machte keinen schlechten Job, benötigte aber ewig für einen kleinen Fleck. Und eine Datei aus Photoshop in Luminar übergeben, dann an ein weiteres Programm, wieder zurück zu Luminar, weiter zu Photoshop … nervig. Also blieb ich bei Photoshop. Zu diesem Zeitpunkt ausschließlich des „Stempelns“ wegen.

Neo macht alles neu – und besser. Um Welten besser.

Luminar Neo wirkt optisch wie ein Update von Luminar AI, ist aber technisch ein Quantensprung, mit dem Skylum in die Zukunft starten will. Zu Beginn war ich enttäuscht, als ich „mein“ Luminar AI mit Luminar Neo verglich, das ich am ersten Tag der Vorbestellungsphase erwarb. Das Programm wirkte auf mich wie eines dieser All-Inclusive-Tools für Laien. Viel Automatismus, jede Menge Presets (die allerdings schon immer ein wichtiger Bestandteil in jeder Luminar-Version waren und auch zugekauft werden konnten), alles simpel und schnell zu bedienen. Zwei Regler hin und her und zack, das Foto war fertig. Das war nicht mein Verständnis von Bildbearbeitung. Ich schloss das Programm, öffnete Luminar AI und machte weiter wie bisher. Doch offenbar war diese erste Version nur der Startschuss für die Verknüpfung mit Luminar AI, in dem man zu 100 % manuell arbeiten konnte. Und man baute Tools ein, die mich faszinierten.

Schärfen ist eine Kunst. Das wissen alle Fotografen, die nicht einfach nur auf ihre Kamera vertrauen und alles so belassen, wie es ist. Das wissen aber auch alle Bildbearbeiter, die nicht einfach nur klein, mittlere und große Details und die generelle Schärfe nach Schema F einstellen. Da gibt es Maskierungen und Pinsel, mit denen hier mehr, dort weniger Schärfe gesetzt werden kann. Wie wichtig das ist, erkennt man, wenn man ein Foto auf 100 oder mehr Prozent vergrößert. Will man wirklich gewollt in Unschärfe verlaufenden Hintergrund nachschärfen? Wohl kaum. Also beeinflusst man den fokussierten Bereich des Motivs stärker, den Rest weniger. Das ist Handarbeit. War Handarbeit, wobei Luminar 4 und Luminar AI bereits erstaunlich gut waren.

Was aber das nagelneue Schärfetool in Luminar Neo kann, ist beeindruckend! Ja, ich arbeite immer noch und bei jedem der AI-gesteuerten Parameter nach, aber das ist für Fotografen wie mich normal. Wir nehmen es nun einmal ganz genau – und wenn wir nur kontrollieren, ob es nicht doch noch etwas besser werden könnte. Weniger akribisch arbeitende Hobbyfotografen können sich uneingeschränkt auf Luminar Neo verlassen. Dass ich das einmal sagen werde, hätte ich noch vor einem Jahr niemals gedacht. In diesem Zusammenhang ist übrigens auch die Upscaling-Erweiterung einen Blick wert.

Die Entwicklung geht weiter – täglich, wie es scheint.

Ebenfalls integriert, beziehungsweise als Erweiterung zu erwerben, ist ein HDR-Tool. Dieses habe ich noch nicht ausgiebig getestet, werde aber beim nächsten Mal, wenn ich Fokusstacking, Panoramen oder Belichtungsreihen mache, damit arbeiten und berichten, wie es läuft. Wer jemals „richtiges“ HDR erstellt hat, also ein aus mehr als nur drei Einzelaufnahmen zusammengesetztes Foto mit dann gigantischen Ausmaßen, weiß, wie rechenaufwendig dieser Prozess selbst für einen potenten Computer ist. Auch dafür besaß ich Photoshop, das ich allerdings inzwischen gekündigt habe. Ich brauche es einfach nicht mehr, worüber niemand mehr erstaunt ist, als ich.

Und so kam, was ich noch vor ein wenigen Monaten nicht für möglich hielt: Ich wurde angesprochen, ob ich, die Nutzerin der ersten Stunde, die Berufsfotografin mit Spezialgebiet, meine Erfahrungen mit Luminar teilen möchte. Wenn ich doch ohnehin Fotoworkshops und Coachings anbiete, warum dann nicht auch Bildbearbeitung? Klingt logisch und das habe ich auch schon getan. Eher als Zugabe, um das, was wir im Wald an RAW-Material produziert haben, adäquat zu entwickeln, aber fremd ist mir diese Idee nicht. Dass hier Bedarf besteht, weiß ich. Doch es gibt bei YouTube so viele begnadete Bildbearbeiter, da muss ich nicht auch noch aktiv werden. Dachte ich.

Schuldig im Sinne der Anklage. Und: ich bin Überzeugungstäterin!

Nun also Influencerin. Ambassador. Wie auch immer man es nennen möchte. Mir gefällt keine dieser Bezeichnungen. Ich zögerte, zierte mich, lehnte ab. Man blieb dran. Wollte mich. Kannte mich. Das gefiel mir. Man hatte sich beschäftigt mit meiner Arbeit und mir. Und dann sagte ich zu. Nicht des Geldes wegen, denn verdienen kann ich mit meiner begrenzten Reichweite aufgrund meiner starken Spezialisierung auf Ur- und Naturwälder nur sehr wenig. Ich habe zugesagt, weil ich seit Jahren überzeugt von dieser Software bin. Vielleicht sogar begeistert. Aber Superlative sind nicht so mein Ding. Und die von Skylum haben ja noch einiges in der Pipeline …


Nachtrag: Gestern habe ich entdeckt, dass es nun auch eine „Rauschfrei“-Extension und Background Removal gibt. Und dann sind da noch einige ausgeblendete Tools, die einiges versprechen.

Noch ein Nachtrag: Ja, Luminar Neo ist im Vergleich zu Luminar 4 deutlich teurer geworden. Und ja, es ist jeden Cent wert.


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