Hausaufgaben, die Spaß machen

Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, wie wir Fotografen üben? Wie wir Motive sehen trainieren? Wie wir daran arbeiten, Geschichten in Bildern immer wieder anders zu erzählen? Wie wir uns neue Perspektiven erarbeiten? Vielleicht nicht, aber Sie können sich sicher vorstellen, dass auch wir nicht von Talent allein leben – sofern das überhaupt funktioniert. (Es funktioniert nicht! Kein Musiker, kein Sportler wird als ein solcher geboren. Und gut wird man bekanntlich ohnehin erst mit der Erfahrung und nach unzähligen und ungezählten Stunden „fail, fail again, fail better“.

Übung macht … na, Sie wissen schon.

Ich mach’s kurz: Wir stellen uns konkrete Aufgaben. Die folgenden Beispiele sollen Ihnen als Anregung dienen, es einfach mal auszuprobieren. Übrigens gilt das für Profis wie für Hobbyfotografen, für Einsteiger und natürlich auch für diejenigen, die mit dem Smartphone auf Motivsuche gehen. Wichtig für die „Kamerafotografen“ ist, dass Sie nur ein Objektiv und eine Brennweite verwenden dürfen, wenn möglich 35 oder 50 Millimeter (Vollformatäquivalent).

  • Leben Sie in der Stadt? Geben Sie sich exakt (!) sechzig Minuten Zeit und fotografieren Sie ausschließlich Details an Gebäuden. Welche Details das sein dürfen, legen Sie vorher fest. Sind Sie fertig, setzen Sie sich in ein Café, blättern durch Ihre Fotos und rekapitulieren, wie Sie vorgegangen sind: Schnell und fokussiert? Langsam und sich treiben lassend? Erst hektisch, dann zunehmend in einen Flow kommend? Haben Sie instinktiv bekannte Orte aufgesucht oder sind Sie einfach mal in das Unbekannte eingetaucht?
  • Mögen Sie Wald? Machen Sie einen Spaziergang einen Waldweg entlang und verlassen bei einer passenden Stelle im rechten Winkel den Weg und gehen zehn Schritte in den Wald hinein. Dort bleiben Sie stehen, sehen sich um und fotografieren, was Sie sehen. Sie dürfen genau drei Schritte von diesem Punkt in jede Richtung machen, um eine passende Perspektive zu finden, nicht mehr. Tipp: Nehmen Sie sich Zeit, denn je mehr Zeit Sie sich geben, desto mehr werden Sie entdecken.
  • Haben Sie einen gut besuchten Park in der Nähe? Oder einen anderen Ort, an dem viele Menschen Erholung suchen? Gehen Sie an einem Wochenende spätnachmittags oder abends dorthin und halten Sie Ausschau nach dem, was Menschen hinterlassen und setzen Sie das in Szene. Sie werden denken, dass das keine schönen Fotos werden können, doch Ihr Ziel muss sein, das, was sie vorfinden, ästhetisch im Bild festzuhalten. (Sie werden einiges über das Verhalten von Menschen in der Natur lernen, aber auch viel über Fotografie.)
  • Gehören Sie auch zu denen, die die Kamera auf Augenhöhe ansetzen und abdrücken? Das wird sich bei dieser Aufgabe ändern: Fotografieren Sie eine Stunde an einem beliebigen Ort ausschließlich auf Kniehöhe. Es muss nicht parallel sein, es können auch Aufnahmen von unten nach oben sein. Probieren Sie herum, spielen Sie mit den auftretenden Effekten. Es werden interessante Fotos entstehen und Sie werden völlig neue Eindrücke gewinnen.

Haben Sie weitere Ideen? Nur zu! Sie werden sehen, es macht Spaß, sich oder auch anderen Fotografen zunehmend verrücktere Aufgaben zu stellen. Laden Sie andere ein, mitzumachen und vergleichen Sie, wie unterschiedlich die Herangehensweisen waren und wie verschieden die Ergebnisse sind. Wichtig ist, dass Sie Ihre gewohnten Pfade verlassen. Das kann auch bedeuten, dass Sie als Stadtmensch Wald fotografieren oder als Landbewohner eine Großstadt ins Visier nehmen.

Die Vorgaben werden immer härter …

Zum Abschluss möchte ich Ihnen ein Beispiel eines meiner kleinen Projekte zeigen. Beide Fotos sind Frontalaufnahmen; die obere wurde horizontal, die untere vertikal gemacht. Das war ebenso vorgegeben wie die Bedingung, dass die Ausschnitte beim Fotografieren gewählt werden mussten, es durfte nachträglich nichts mehr beschnitten werden. Beim oberen Bild wurden die üblichen RAW-Entwicklung vorgenommen, das untere Bild habe ich mit dem iPhone 6 Plus und der nativen App gemacht, war also ein JPG. Niemand hat bis heute erraten, was hier abgebildet ist.


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