Fotografie als Beruf(ung)

Sie fotografieren gern und viel, machen gute Fotos (oder sogar Bilder), haben sich einen Schwerpunkt gesucht, in dem Sie sich wohlfühlen, sind sich im Klaren über die Kosten des benötigten Equipments und der Software (und natürlich den dafür erforderlichen potenten Computer) zum Entwickeln und Bearbeiten ihres RAW-Materials und nicht zuletzt haben Sie die genug von ihrem aktuellen Job. Höchste Zeit, das Hobby zum Beruf zu machen und glücklich zu werden. Und reich.

Lassen Sie uns Klartext reden. Ehrlich und brutal.

Sie werden als Fotograf nur reich, wenn Sie bereits reich sind.

Nun habe ich Sie demoralisiert. Frustriert. Oder auf die Palme gebracht, denn IHNEN wird natürlich nicht passieren, dass Sie Ihre Ersparnisse schwinden sehen und sich Ihr Kontostand langsam gegen Null und dann weiter dem Disporahmenende entgegen neigt. Erkennen Sie sich, rate ich Ihnen, entweder eine professionelle Beratung gegen die Flausen in Ihrem Kopf in Anspruch zu nehmen, oder wir treffen uns zwei Jahre nach dem Start Ihrer Selbstständigkeit und Sie erzählen mir, was Sie anders als alle anderen gemacht haben. Das muss eine Menge gewesen sein.

Ich bin Realist, darum prophezeie ich Ihnen, dass Sie ohne großzügige finanzielle Ausstattung durch eigene Ersparnisse oder durch Sie fördernde Dritte sowie durch reichlich Vitamin B diese zwei Jahre nicht durchstehen werden. Trösten Sie sich, Sie werden nicht der erste und auch nicht der letzte Hobbyfotograf sein, der versucht hat, daraus einen Job zu machen und gescheitert ist. Nicht aufgrund fehlender fotografischer Fähigkeiten und Fertigkeiten, sondern schlicht aus finanziellen Gründen.

Niemand wartet auf uns, nicht auf Sie, nicht auf mich.

Leider warten Auftraggeber, Käufer, Sammler nicht auf uns. Auf mich haben sie nicht gewartet und auf Sie werden sie auch nicht warten. Es gibt zu viele Fotos auf dieser Welt, die meisten davon kostenlos. Jeder, der ein Smartphone besitzt, kann Fotos machen. (Okay, das mit dem Können ist ein anderes Thema. Aber machen.) Um die wenigen Kunden, die professionelle Fotos benötigen und dafür adäquate Beträge bezahlen, raufen sich bereits jahre- und jahrzehntelang aktive Fotografen. Und ja, das mit dem Raufen ist im Wortsinne zu verstehen und allzu oft traurige Realität. Es tut mir leid, das so deutlich sagen zu müssen, aber die Kollegen sind keinesfalls schlechter als Sie und ich.

Der Markt für professionelle Bilder ist überschaubar, die Ansprüche der Kunden sind hoch, die Kosten für Equipment, Software, Versicherungen und Reisekosten ebenfalls. Und die Honorare … nun, auch hier helfen nur klare Worte, um zu verdeutlichen, was Fakt ist: Ein paar wenige etablierte, gut vernetzte und möglicherweise sogar besonders gute Fotografen schöpfen die Sahne ab, der Rest arbeitet für Milch (die nicht selten sauer ist, um bei dieser Metapher zu bleiben).

Wie wäre es damit, nach Alternativen zu suchen?

Geben Sie Ihren Traum vom Berufsfotografen auf. Wollen Sie nicht? Okay, dann betreiben Sie die Fotografie als Hobby. Werden Sie der beste Hobbyfotograf Deutschlands, Europas, der Welt. Verkaufen Sie Ihre Bilder über ein Portal oder auch mehrere. Verdienen Sie ein paar Euro nebenbei als Stockfotograf. Bieten Sie Ihre (nebenberuflichen) Dienste kleinen Unternehmen an, die eine attraktive und doch kostengünstige Bebilderung ihrer Websites oder Flyer brauchen. Lassen Sie sich nicht die Freude am Fotografieren nehmen, indem Sie sich mit Finanzen, Verträgen, Steuern und einzutreibenden Honoraren herumärgern. (Wobei Sie auch als Nebenberufler das Finanzamt nicht vergessen dürfen, denn selbst wenn Ihre Kunden Sie nicht verpetzen, tut es Ihre Konkurrenz. Wie gesagt, im Markt herrscht ein wenig freundschaftliches Hauen und Stechen.)

Sie sind nicht überzeugt? Sie wollen unbedingt Visitenkarten drucken lassen, die Sie als Fotografen ausweisen? Machen Sie’s doch einfach! Ach so, Visitenkarten genügen Ihnen nicht, Sie gedenken auch gleich noch ein Studio einzurichten, so richtig mit per Funk kontrollierbarer Beleuchtung, wechselbaren Hintergründen, Tethering-Anlage und riesigen Bildschirmen, die von einem lässigen Mac gesteuert werden? Verstehe. Was sagt Ihre Bank dazu? Aha. Dachte ich mir. Dann bleibt Ihnen wohl nur ein zweiter Besuch, diesmal mit Strumpfmaske.

Ich rede mich leicht. Ich habe es geschafft.

Genau. Ich habe es geschafft. Ich bin Naturfotografin. Ich mache Bilder und Bücher. Ich reise dorthin, wo meine Motive leben. Ich habe eine teure und moderne Kamera und sehr gute Objektive, arbeite mit einem MacBook Pro sowie einem iPad Air mit Pencil, nutze Photoshop (das ich als Sponsoring von Adobe erhalte), blablablubb.

Was habe ich denn nun geschafft? Dass ich mich in meiner Nische etabliert habe und selbst andere Fotografen mich und meine Arbeit als professionell akzeptieren? Dass meine Bilder als besonders wahrgenommen werden, einige sogar als Kunstwerke? Nun, gute Fotos zu machen ist eine Sache, bessere Fotos zu machen erfordert viele Lehrjahre. Fotografie ist in meinen Augen zuerst einmal Handwerk. Und Handwerk muss man lernen und immer weiter entwickeln. Daran arbeitete ich schon, als ich noch Filme in meine Kameras spulte und jedes einzelne Foto wohl überlegt sein musste, weil gute Filme, vor allem aber die Entwicklung teuer waren. Ein gewisser Bekanntheitsgrad? Das war ein langer Weg, vor allem, weil ich außer bei Twitter in keinem sozialen Netzwerk präsent bin. Selbstmarketing war nie mein Ding, was in meinem „Gewerbe“ geradezu existenzbedrohend ist. Daran muss ich definitiv arbeiten, wenn ich meinen Traum von Ausstellungen verwirklichen will.

Geschafft habe ich de facto, dass ich mir selbst die Freiheit geschenkt habe, die Hälfte meiner Arbeitszeit in die Fotografie zu investieren. Mehr ist aktuell nicht drin, denn – Sie ahnen es – auch ich kann von meinen Bildern noch nicht leben. Ob ich es jemals können werde? Wer weiß? Mein Bedürfnis an Besitz geht seit Jahren zurück, die Kosten für das, was ich benötige aber steigen. (Jammere ich? Definitiv nicht. Ich habe keinen Grund dazu.) Den Rest meiner Zeit arbeite ich als Buchautorin und Texterin. Ich schreibe meist juristische Fachtexte, denn ich bin „gelernte“ Juristin, im Grunde verfasse ich aber fast alle Arten von Texten, wenn ich den zu liefernden Inhalt verstehe und gut heiße. Damit subventioniere damit meinen Zweitberuf (oder Erstberuf, je nachdem) als Naturfotografin.

Romantik finden Fotografen nur in Frühlingswäldern.

Fotografie als Job ist nicht einfach, vor allem dann nicht, wenn man selbstständig arbeitet. Ich hatte es leichter, denn ich bin seit Jahrzehnten Freiberuflerin und kenne mich aus in Sachen Selbstständigkeit. Das erleichtert den Start enorm und verhindert von vornherein jede Illusion vom coolen Leben mit der Kamera in der Hand an tollen Locations. Wer mit dem Wissen, dass (sowie wann und wie) Umsatzsteuererklärungen gemacht, Mahnungen geschrieben, Kontoauszüge und Kassenbücher gebucht, Versicherungen abgeschlossen sowie Fahrtenbücher geführt werden müssen, noch immer sein Hobby zum Beruf machen will, ist zumindest aus unternehmerischen Erwägungen heraus auf dem richtigen Weg. Daneben wären da noch die finanziellen Fragen, die es zu klären gibt. Wiederhole ich mich, was das Geld betrifft? Gut so!

Glauben Sie mir, der Beruf des Fotografen hat auch abseits der Bürokraktie weniger Romantik zu bieten, als man denkt. Meine Motive sind am Schönsten bei miesem Novemberwetter, frühmorgens bei Nebel, im Schneesturm, bei Regen. Ich bin eigentlich ständig nass, durchgefroren, dreckig, zerkratzt, verstochen. Manchmal laufe ich sogar mit gebrochenem Knöchel kilometerweit durch tiefen Wald …

Raus aus dem Wald, ran an den Schreibtisch

Bin ich zurück zu Hause, sitze ich tagelang am Computer und bearbeite Bilder. Ja, Tüfteln an kleinsten Details macht mir Spaß, aber nicht unbedingt Stunde um Stunde um Stunde. Da ich jedes Foto individuell und mit viel Liebe bearbeite, dauert’s eben. Für mich ist es okay, denn jedes Foto, das zum Bild werden kann und soll, muss wie ein Kunstwerk behandelt werden. Dass meine aufwändige und langwierige „Bildnerei“ ihren Wert hat, verstehen leider nicht alle Interessenten, die bereits bei einem Preis von mehr als 50 Euro für einen Fineart-Print zusammenzucken.

Und dann muss ich mir natürlich überlegen, was ich meinen „Fans“ (Es gibt Menschen, die bezeichnen sich selbst in aller Ernsthaftigkeit als solche. Mich macht das sprachlos.) anbieten kann, wie ich das umsetze, produziere, vertreibe, vermarkte. Also nicht anders als jeder andere Unternehmer, der im produzierenden Gewerbe unterwegs ist. So plane ich im Moment Magazine, eBooks und natürlich Reisen in Urwälder. Planung braucht Zeit und Muße. Na ja, und Muse natürlich auch. All das, auch die Stunden des Nachdenkens, muss finanziert werden. Womit wir schon wieder bei der vermaledeiten Kohle wären.

Zurück zum Schönen des Jobs. Das gibt es, denn sonst würde niemand von uns ihn wählen, ich schon gar nicht. Ich bin gern draußen, kenne mich aus in der Natur, sogar in der Wildnis, weiß mich dort zu bewegen und zu verhalten. Kurz, ich bin ein Outdoormensch, der allein durch die Pampa streift. Das ist mein Leben. Ich bin aber auch der Arbeit an der Tastatur und am Grafiktablett nicht abgeneigt. Wäre mir das zuwider, wäre Fotografin der falsche Beruf für mich. Die meiste Zeit arbeite ich nämlich ohne Kamera und ärgere mich stattdessen mit Dateien und Daten, Formaten und Formen herum. Und manchmal auch mit Dienstleistern …

Habe ich Sie noch immer nicht überzeugt?

Und nun? Wollen Sie noch immer ihr Hobby zum Beruf machen? Wenn Sie bis hierher gelesen haben und noch immer voll motiviert sind, schreiben Sie mir. Ich habe viele Tipps und Fragen, Ratschläge und Antworten für Sie. Denn eines steht fest: Fotograf zu sein ist geil!


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Transparenzhinweis: Auf dieser Seite setze ich ausnahmsweise Stockfotos ein. Heißt, diese Fotos wurden nicht von mir gemacht.

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