Es ist fünf nach Zwölf

Heute schreibe ich wieder einmal zu dem Thema, das mich zunehmend umtreibt und immer mehr zu meinem Sinn stiftenden Lebensinhalt wird. Es geht um – na klar: Wald. Dass Primärwälder (a.k.a. Urwälder) verschwinden, ist nicht neu. Dass sie abgeholzt werden, obwohl es verboten ist, auch nicht. Sprechen wir über von Menschen illegal geschaffene, nur aus der Luft erkennbare Lichtungen in großen Waldgebieten, fällt uns als erstes das Amazonasgebiet ein. Ohnehin denken wir oft an die Regenwälder in Brasilien, an kanadische Wildnis, an sibirische Fichtenlandschaften. Woran wir nicht denken, liegt vor unserer Haustüre.

Rufen Sie doch mal Google Maps auf und gehen Sie auf den Satelliten-Modus. Schauen Sie sich Westeuropa an. Sieht grün aus, gell? Wechseln Sie auf den Karten-Modus. Schon wird eine Tatsache klar: Europa mag von oben grün aussehen, doch es ist dicht besiedelt. Das Grüne können also keine großen Wälder sein. Fliegen wir mit dem Flugzeug über Europa, sehen wir’s: Das Grüne sind Felder, Wiesen, Forsten, Gärten, Parks. Zerpflückte Landschaften, die keinerlei Homogenität und ökologische Vielfalt erkennen lassen.

Grün ist nicht zwangsläufig Natur. Grün ist eine Farbe.

Und jetzt wechseln Sie wieder in den Satelliten-Modus, verschieben die Karte ein bisschen nach links und betrachten den Osten Europas. Die Besiedelung wird dünn und dünner, das Grün sieht zunehmend anders aus. Irgendwie dicker, dichter. Hier sind sie zu finden, die ausgedehnten Naturwälder, die für uns Europäer so existenziell sind. Hier stehen hunderte Jahre alte Bäume auf einem Gebiet von hunderten Kilometern Ausdehnung. Hier ist sie, die Lunge Europas. Nicht in Brasilien, nicht in Kanada, nicht in Sibirien. In Polen, Rumänien, Bulgarien. In unseren Nachbarländern. In der EU. Eine Tagesreise entfernt.

Undurchdringliche Wälder mehr Grünschattierungen als das menschliche Auge auflösen kann. Regionen, in denen Bären und Wölfe umherstreifen ohne jemals auf einen Menschen zu treffen. Die wenigen Bewohner dort leben einfach von und mit der Natur. Sie lieben ihren Wald und nutzen ihn und seine Gaben mit Sinn und Verstand. Sie kennen und hüten natürliche Gleichgewichte und halten sich fern von Gebieten, in denen der Mensch nichts verloren hat. Sie wissen um die Einzigartigkeit ihres wunderbaren Fleckchens Erde. Sie kämpfen um ihr Paradies und ihre Existenz.

Moment! Sie kämpfen um ihre Existenz?!

An diesem Punkt wird aus der Idylle ein Drama. Denn wenn Menschen um ihre Existenzen kämpfen, gehen sie über Grenzen. Notgedrungen. Und dann treten wiederum andere Menschen auf, die aus Not Geschäfte machen. Illegale Geschäfte. Selbstverständlich ist jedem klar, dass das Fällen von Bäumen in den geschützten Waldgebieten Polens, Rumäniens und Bulgariens verboten ist. Doch dieses Holz ist wertvoll und bringt viel Geld ein.

Natürlich machen sich diejenigen, die langsam gewachsenes Buchenholz aus den Karpaten an Manufakturen verkaufen, die daraus teure Möbel machen, die sich reiche Städter in ihre Lofts stellen, die Hände nicht in den Karpaten schmutzig. Das überlassen sie den Einheimischen, die die Region kennen und wissen, wann sie wo zur Kettensäge greifen müssen, um unentdeckt Bäume fällen können. Das geschieht nachts, an den Wochenenden und dort, wo man es eben nicht sieht, wenn man als Behördenvertreter auf Kontrollfahrt unterwegs ist.

Bewusstsein macht nicht satt.

Diese Kontrollen finden natürlich statt, aber auf frischer Tat wird kaum jemals jemand ertappt. Wie auch? Die Waldschützer finden nur noch vor, was bereits irreversibel ist. Strafen? Selten. Wer war’s? Man ahnt oder weiß es, kann es aber nicht beweisen. Und wenn, kann derjenige, der den Baum gefällt hat, um ein paar Euro zu verdienen, um seine Familie ernähren zu können, die Strafe nicht bezahlen. Schlimmer ist eigentlich, dass sich diese „Verbrecher“ absolut im Klaren darüber sind was sie da tun. Sie wissen, dass sie ihren eigenen Lebensraum, vor allem aber den ihrer Kinder und Enkel unwiederbringlich vernichten. Doch was sollen sie tun? Verhungern?

Die Mafia, die für das alles verantwortlich ist? Weit weg. Wobei: so weit weg ist sie gar nicht. Sie sitzt in den Behörden von der Gemeindeebene bis hinauf in die Regierungen, sie arbeitet in den großen Speditionen, deren LKW uns täglich auf deutschen und österreichigschen Autobahnen begegnen, sie stempelt Papiere ab an den Grenzkontrollpunkten. Rumänien ist korrupt, man muss es leider so hart sagen. Das Reichtums-Armuts-Gefälle ist so krass, dass ohne Korruption und Steuerhinterziehung kein einziger Liter Milch über einen Ladentisch gehen kann, ohne dass jemand daran verdient, der absolut nichts dazu beigetragen hat, diesen Liter Milch zu erwirtschaften.

Und so geht das Roden weiter. Hunderte und Tausende Bäume jeden Tag. Ich war nie gut in Mathe, aber dass in nicht allzu ferner Zukunft die Karpaten nur noch aus Fragmenten bestehen werden und nicht mehr aus riesigen Wäldern, kann selbst ich ausrechnen.

Was können wir tun? Was kann ICH tun?

Und nun? Ich kann nichts tun, das ist mir klar. Niemand kann etwas tun, das ist die traurige Realität. Wir können uns nicht an jeden Baum ketten. Und die Medien? Die haben berichtet, jahrelang. Mittlerweile werden TV-Teams, Fotografen und Journalisten von Schlägertrupps bedroht und nicht selten körperlich attackiert. Lohnt sich der Einsatz des eigenen Lebens für ein paar Bäume? Wer schaut überhaupt die Dokus und Bilder an? Wer liest die Texte? Und wie nachhaltig ist, was uns da präsentiert wird? Seien wir ehrlich: Wir sind es leid, immer nur Leid zu sehen. Wir wollen, wir brauchen Positives, Schönes, Aufmunterndes.

Hier ist die Antwort auf die Frage, was ICH tun kann: Ich dokumentiere die Natur der Natur mit dem Ziel zu verdeutlichen, dass wahre Natur Verfall und daraus entstehender Neubeginn ist. Das Alte ist existenziell für das Neue. Ich zeige, dass echter Wald nicht aus Fichten besteht, die wenige Zentimeter nebeneinander als Stangen in die Höhe wachsen und erst – nur! – im Wipfelbereich grün sind. Mein Anspruch ist es, Menschen zu begeistern für all das, was sie aus ihren Vorgärten und Parks verbannen (was aus Ästhetikgründen in Ordnung sein mag, aber eben keine Natur). Ich werde nicht müde zu erklären, was der Unterschied ist zwischen Wald und Wald, Forst und Forst. Denn den gibt es! Nicht jeder Forst ist verachtenswerte Monokultur und nicht jeder Wald ist ein gesundes Paradies.

Der Moment, etwas zu unternehmen, ist JETZT!

Ich bin der Überzeugung, dass mein Weg, nämlich auf das Schöne hinzuweisen, es in Szene zu setzen und zum Genussmittel für die Augen zu machen, mehr bewirken kann als all die schrecklichen Bilder, die uns die Medien täglich zeigen. Notwendige Bilder, die aufrütteln, das ist klar. Dennoch aber welche, die uns negativ berühren. Und was tun wir, wenn wir negativ berührt werden? Wir ziehen uns zurück, blättern oder schalten um, wenden uns ab. Das ist allzu verständlich, und es geht mir nicht anders. Ich leide fast körperlich, wenn ich Buchen fallen sehe, die kerngesund und viel zu jung sind, um sterben zu müssen. (Sie kommen mit etwa 60 Jahren in die Pubertät. Die meisten Buchen sterben also als Jugendliche oder junge Erwachsene.)

Deshalb kann ich nicht länger warten, darf nicht länger versuchen, die erforderlichen Finanzmittel zusammenzukratzen, um Reisen in die noch verbleibenden Naturwälder Europas zu unternehmen. Ich will – ich muss! – sie jetzt unternehmen, koste es, was es wolle. Viel Zeit bleibt nicht, das ist mir nun klar geworden. Es gibt kein Zurück. Es ist fünf nach Zwölf.

Möchten Sie mich unterstützen? Mit mir kooperieren?

Ich werde meine Reise in Bialowieza in Nordostpolen beginnen. Das liegt am nördlichsten Rand des in Europa einzigartigen Natur- und Primärwaldes, der sich bis in den Süden Bulgariens erstreckt. Fixer Start ist Anfang November, der weitere Projektverlauf ist offen und flexibel gestaltbar. Das Wetter spielt dabei eine ebenso große Rolle wie die Finanzierung durch Auftraggeber, Sponsoren und Kooperationen.

Ich biete hochwertiges Bildmaterial sowie Berichte oder Reportagen. Dieses Projekt werde ich zudem auf Instagram bebildern und beschreiben. Als Medienprofi mit rund 30 Jahren Berufserfahrung bürge ich für professionelle Kommunikation und Abwicklung bei höchster Produktqualität. Schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an! Meine Kontaktdaten finden Sie hier.

Und zuletzt eine gute Nachricht für Bildliebhaber!

Im September erscheint das eBook zu meinem Fotobuch. Es wird nicht 1:1 übertragen, sondern komplett neu aufgebaut und für iPad optimiert. Einige bisher unveröffentlichte Bilder werden dort exklusiv zu sehen sein. Es lohnt also auch für diejenigen, die mein Buch bereits zu Hause haben.

Selbstverständlich sind meine Bilder als Prints in verschiedenen Ausführungen und (fast) allen denkbaren Größen erhältlich. Mit dem Erwerb unterstützen Sie mich unmittelbar bei meinen Projekten, denn jeder Euro aus dem Verkauf fließt in weitere Fotoreisen und in die dafür notwendige Ausstattung. (Sie kennen mich: Ich bin sehr sparsam!)

Unter jedem meiner Blogbeiträge finden Sie zudem einen Paypal-Button. Jeder Euro hilft!


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