Okay, dieser Titel ist reißerisch. Clickbait. Wobei … Ist es das? Worum wird es gehen in diesem Beitrag? Darum, wie man sich outdoors verhält. Also nicht im Stadtpark oder im Wäldchen zwischen zwei Dörfern, nicht im Fichtenforst (dort kommt man eh kaum in Versuchung, die Wege zu verlassen) und auch nicht im Naturschutzgebiet, das von fleißigen Mitgliedern von BUND, NaBu & Co. gepflegt wird. Ich werde Ihnen erzählen, wie man sich zurecht findet, wenn kein Weg mehr zu sehen ist und der nächstgelegene Waldrand mehrere Kilometer entfernt ist. Mehr noch, ich gebe Ihnen Tipps, was Sie tun können – sollten! -, wenn Sie die Orientierung verloren haben. Ja, das ist mir auch schon passiert. Das passiert selbst dem erfahrensten Bushcrafter (der ich definitiv nicht bin).
Was trägt man eigentlich im Wald?
Lachen Sie nicht, weil ich mit dem Banalsten beginne! Ich treffe nicht selten Menschen (meist ganze Familien mit kleinen Kindern) im Wald und in den Bergen, deren Füße barfuß in Flipflops stecken und die Shorts und T-Shirt tragen. Kann man machen, ist aber blöd.
- ist die Verletzungsgefahr an Gelenken und Haut zu hoch,
- haben Mücken, Bremsen, Zecken und Schlangen leichtes Spiel,
- kann eine überraschende Wetteränderung fatale Folgen haben.
Wenn Sie vorhaben, in einen größeren Wald einzutauchen und dort auch mal die Wege zu verlassen, vor dem Versperren Ihrer Haustür in den Spiegel schauen. (Es ist übrigens Quatsch, dass man die Wege nicht verlassen darf. Man darf, wenn man weiß, was man tut und wie man sich verhält.) Sind Sie so bekleidet, dass Sie Ihr kleines Abenteuer genießen können? Lassen Sie uns mal sehen.
Schuhe, Socken, Hose, Hemd, Hut
Sie tragen Socken, je längere, desto besser. Darüber mindestens stabile und bequeme Halb- oder Sportschuhe, besser leichte Wanderstiefel mit Schaft. Auch wenn es warm ist, ist eine lange Hose Pflicht. Selbst dann besteht eine gute Chance, zu Hause ein paar Zecken von den Beinen sammeln zu müssen. Es gibt leichte Stoffe, denen Dornen und Stacheln nichts ausmachen und die Insekten fern halten. Die Anschaffung lohnt, wenn man öfter in der Natur unterwegs ist.

Oben tragen Sie im Idealfall ein lockeres Hemd, das die Haut ebenfalls vor Attacken schützt. UV ist im Wald kein Thema, auf freiem Feld schon eher. Hat das Hemd lange Ärmel, können diese aufgerollt werden, aber auch die Arme bedecken, wenn erforderlich. T-Shirts eignen sich in Gebieten mit vielen Insekten weniger, auch wenn sie nicht aus Baumwolle, sondern aus robusterem Stoff sind. Alternative Materialien bleiben zwar trocken (oder trocknen rasch), liegen aber in der Regel am Körper an. Mücken und Bremsen stechen einfach hindurch. Bevor ich meinen ganzen Körper mit Insektenschutzmittel einbalsamiere, trage ich lieber sogenannte Tropenkleidung, die durchstichfest ist und/oder vorbehandelt.
Eine Zwischenbemerkung zum chemischen Insektenschutz wie Sprays und Lotionen: Billig hilft nichts. Ich nutze eine Creme von 3M, die die US-Army in den Tropen einsetzt. Mit rund 10$ je Tube sehr teuer, aber auch sehr ergiebig und meiner Erfahrung nach absolut sicher.
Eine Kopfbedeckung ist kein Muss im Wald, schadet aber auch nicht. Ich habe längere, lockige Haare, die sich ständig in Ästen verheddern. Außerdem fallen sie mir immer dann ins Gesicht, wenn ich es gerade nicht gebrauchen kann. Ein Bandana oder – besser! – ein leichtes Käppi wie es Golfer tragen, ist meine Lösung. Manchmal trage ich auch eine leichten Hut, dann nämlich, wenn ich weiß, dass ich in der Sonne unterwegs sein werde. Die Krempe schützt meinen Nacken vor Sonnenbrand und Sonnenstich. Alles schon erlebt … Handschuhe machen Sinn, wenn man sich durchs Unterholz arbeitet. Man glaubt kaum, wie viele Pflanzen Dornen haben!
Tipp: Bekleidung für den nächsten Sommer im Winter im Sale kaufen! Ich räume meinem Händler meist kurz vor der Saison das Lager leer und spare dabei enorm.
Der Rest wandert in den Rucksack
Wieso „der Rest“? Sie wollen doch keine mehrtägige Safari unternehmen?! Das nicht. Zumindest hoffe ich das für Sie. Aber man kann nie wissen … Im Nordschwarzwald verirren sich jedes Jahr mehrere Touristen, die vom Weg oder Parkplatz aus Pilze oder Blümchen gesehen haben, die sie pflücken wollten. Probieren Sie doch selbst aus, ob Sie aus zwei, drei Metern Entfernung Ihren Ausgangspunkt wieder finden! Verlassen Sie den Weg, drehen Sie sich ein paar Mal mit geschlossenen Augen um die eigene Achse oder laufen Sie ein bisschen hin und her, wie man das als Pilzsammler (oder Naturfotograf) so tut – wissen Sie dann noch, wo der Weg ist? Zur Orientierung, vor allem aber zu den vielen Mythen und gefährlichen „Tipps“, die einfach nicht auszurotten sind, schreibe ich einen zweiten Teil dieses Outdoor-Schwerpunkts

Okay, was ist in meinem Rucksack? Es kommt darauf an. Bin ich im eigenen Wäldchen unterwegs, in dem ich mich sehr gut auskenne, oder in einem Gebiet, in dem ich weiß, dass es von Straßen umsäumt ist, die ich auch im Dunklen noch finden würde, oder auch in einem, das ich vorher recherchiert habe und Wegepunkte zumindest im Kopf notiert habe, nehme ich relativ wenig mit:
- Verbandpäckchen und Insektenschutz
- Tempotaschentücher oder ähnliches
- je nach Temperatur ausreichend Wasser
- Energieriegel oder Gummibärchen
- kleine Powerbank mit Kabel fürs Handy
- Kompass (ein billiger Kartenkompass tut’s)
- Karte als Download (!) auf dem Handy
- ggf. Ersatzsocken und -unterhemd, Buff, Mütze
- ggf. Zusatzbekleidung und Handschuhe
- 10 Meter dünne, aber sehr stabile Schnur
- mehrere Kabelbinder und zwei Rettungsdecken
- Outdoormesser, ggf. Multitool und Feuerstahl
- Stirnlampe (per USB an der Powerbank ladbar)
Habe ich etwas übersehen? Mag sein. Dieses Zeug habe ich „immer am Mann“, von daher ist es mir gar nicht mehr bewusst. Es klingt nach einer Menge, findet aber in einem einzigen Seitenfach meines nicht wirklich großen Fotorucksacks Platz. Ist man nicht ganz ungeschickt, kann man damit eine Nacht im Wald zubringen und sich sogar einen Wetterschutz bauen. (Man nehme: Rettungsdecke und Seil oder entaste eine dicht benadelte Fichte. Die Äste dienen als Bett ebenso wie als Dach.)
Dazu gesellen sich – im anderen Seitenfach – natürlich diese ganzen kleinen Fototools wie Batterien, SD-Karten, Filter und und und. Aber dazu ein andermal mehr.
Wenn der Foto-Spaziergang zur Wandertour wird
Bin ich länger und tiefer im Wald oder in einem mit fremden Revier unterwegs, womöglich bei unbeständigem Wetter oder gar im Winter, lege ich extremen Wert auf Bekleidung. Frieren ist unschön, nass sein und frieren ist eine Gefahr für Energieverlust. Und dann macht schon das Fotografieren keinen Spaß mehr, ganz abgesehen davon, dass Auskühlen eine Garantie dafür ist, dass aus einem Kilometer in der Ebene gefühlte fünf Kilometer Steigung werden. Wer sich dann noch querfeldein durch Waldlandschaften schlägt, sollte auf keinen Fall die Orientierung verlieren.

Was habe ich also dabei, wenn’s mal wieder länger dauert? (Selbst im durchaus noch überschaubaren polnischen Teil des europäischen Urwaldes rechne ich mit mindestens achtstündigen Wanderungen, was im Spätherbst/Frühwinter durchaus ambitioniert ist und von Dämmerung bis Dämmerung dauert.)
- Alles, was ich auch auf Kurztouren bei mir habe
- professioneller Kompass (getestet und geübt!)
- Karte auf Papier und offline auf dem Handy
- Wanderstiefel (stabil, wasserdicht, warm)
- Ersatzsocken (1x dünn, 1x dick) aus Wolle
- Regenbekleidung (Hose, Gamaschen)
- Doppeljacke (warm, wasserdicht, robust)
- Outdoorhose (wasserabweisend, robust)
- Unterhemd, Shirt, Hemd, Pulli aus Wolle
- Handschuhe (mit abklappbaren Fingern)
- dünne Unterhandschuhe aus Seide
- Wasser in einer Flasche plus 2l-Trinkblase
- Gaskartuschenkocher mit Topf oder Becher
- gefriergetrocknete Outdoornahrung
- Kaffee- und Proteinpulver, Müsli, Riegel
- Zusätzliche Rettungsdecken, ggf. Biwaksack
- Taschenlampe, Stirnlampe, große Powerbank
Damit komme ich eigentlich klar, kann notfalls eine durchaus angenehme Nacht im Wald verbringen. Ab 10 Grad Abendtemperatur muss man, wenn man ahnt, dass man nicht mehr bei Tageslicht ins Freie kommen wird und somit im Wald übernachten muss, daran denken, Feuerholz zu sammeln. Und das bei Tageslicht! Heißt, man sollte frühzeitig dafür Sorge tragen, dass man eines Feuer entfachen könnte, sollte es wirklich erforderlich werden.
Wenn es keine Alternative gibt: Feuer frei!
Meine Devise ist: Ich mache kein Feuer, wenn ich nicht ernsthaft in Gefahr gerate zu unterkühlen. Das Risiko ist allerdings nicht zu unterschätzen. Spätestens in den frühen Morgenstunden wird es ab Herbst und bis weit in das Frühjahr hinein so kalt, dass man schneller in Lebensgefahr schweben kann, als man sich vorstellen kann. Wird einem das nun akut werdende Problem zu spät bewusst, wird man nur schwer gutes Holz finden. Es heißt nicht grundlos: „Die Dunkelheit bricht herein“ …
Erst dann mit dem Sammeln von Brennholz zu beginnen, wenn es Nacht ist (also oftmals erst später Nachmittag) und man schon zittert vor Kälte, ist fahrlässig! Wenn es einem überhaupt noch gelingt, ein „sauberes“ Feuer zu machen, wird man bereits so ausgekühlt sein, dass man nicht mehr warm werden wird – zumindest nicht an einem so kleinen Feuer, wie es im Wald angemessen ist. Hektisch Holz nachzuwerfen bringt selten Wärme, sondern meist nur Qualm.
Ein Feuerstahl haben Outdoorprofis immer dabei, ein Messer, um daraus Funken zu schlagen, ebenfalls. Wichtig sind nun noch die Zünder. Die hat man entweder als fertige dabei oder man sucht sie im Wald. Gibt es Birken, ist es einfach: Man zieht eine Handvoll von dem Weißen der Rinde ab und hat alles, was man braucht. Diese Papierchen sind so leicht, dass man sie auf Verdacht mitnehmen kann, wo immer man sie findet. Dem Baum schadet es nicht. Dazu etwas Reisig (Wenn’s knackt, ist es Reisig, wenn es sich biegen lässt, nicht.), erst kleine, dann immer größere trockene Hölzchen und zuletzt ein paar größere Brocken ins Feuer legen.

Größere Äste oder kleine Stämme schiebt man von außen in die Glut und im Verlauf der Nacht immer weiter nach. Die kleinen Äste abbrechen, sonst wird das Feuer unkontrollierbar.
Immer auf die Höhe der Flammen achten und niemals unter Nadelbäumen Feuer machen! Eine sicherere Methode, einen Waldbrand auszulösen, gibt es nicht – auch und vor allem im Winter.
Wer ein Feuer macht, ist dafür verantwortlich, es am Morgen zu löschen. Wahrscheinlich ist es ohnehin heruntergebrannt, außer man hat es benötigt, um Kaffee zu machen. Dafür haben Sie aber eigentlich den Kocher dabei, den Sie auch nutzen sollten. Nach dem Austreten der Glut und dem Bedecken der Asche mit Erde sollten Sie alle Ihre Spuren rückstandsfrei verwischen, also auch gesammeltes Holz verteilen. Sind Sie nicht sicher, dass nicht doch noch etwas Glut zur Gefahr werden kann, verlassen Sie das Camp nicht. Man muss die Hand lange Zeit auf das (ehemalige) Feuer legen können!
Wo sind Sie? Und wie sind Sie hierhergekommen?
So, nun haben Sie also im Wald überlebt. Verhungert und erfroren sind Sie nicht, wilde Tiere haben Sie auch nicht zerfleischt. Sie sind zwar ziemlich müde, aber sonst ist alles okay soweit. Aber … – wo sind Sie? Und wieso haben Sie sich verlaufen, warum haben Sie die Route verlassen, die Tour unter- oder sich selbst überschätzt? Apropos Route? Wo geht’s eigentlich weiter? Wie finden Sie nach Hause oder zum Auto? Mit anderen Worten: Wie orientiert man sich eigentlich in der Natur? Darüber schreibe ich in Teil 2.
Möchten Sie meine Arbeit unterstützen? Etwa einen Guide bezahlen? Meinem Auto ein paar Liter Sprit spendieren? Die Kosten für die täglich zu bezahlenden Foto-Permits übernehmen? Jeder Euro wird ausschließlich in #NaTour_Urwald investiert!